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Neuer Pflegebedürftigkeitsbegriff

Pflegetagegeldversicherung

Das 2. Pflegestärkungsgesetz wurde auf den Weg gebracht

Die große Koalition hat mit der Pflegereform die Pflegestärkungsgesetze I und II auf den Weg gebracht. Ein Teil davon ist der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff. Mit dieser Reform werden grundlegend körperliche, kognitive und andere psychische Probleme gleichwertig berücksichtigt. Dies bedeutet für Patienten, die bis dahin auf Grund einer Demenz benachteiligt wurden, einen besseren Zugang zu Leistungen der Pflegeversicherung.

Ein dazu notwendiges neues Begutachtungsverfahren beurteilt einen Patienten nicht mehr nach dem Hilfebedarf in Minuten, sondern wie viel Hilfe er für seine Selbstständigkeit benötigt. Zukünftig steht der Grad der Selbstständigkeit des Pflegebedürftigen im Mittelpunkt, d. h. was kann er und was kann er nicht mehr. Seine Fähigkeiten werden in allen Lebensbereichen berücksichtigt, z. B. die Mobilität, kognitive und kommunikative Fähigkeiten, Verhaltensweisen, psychische Problemlagen, Selbstversorgung, Umgang mit krankheitsbedingten Belastungen und Anforderungen, Gestaltung des Alltagslebens sowie soziale Kontakte.

Ab 1. Januar 2017 werden die bisher gültigen Pflegestufen durch 5 neue Pflegegrade ersetzt. Die Zuordnung in eine der 5 Pflegegrade erfolgt auf Grund der Gesamtbeurteilung aller Fähigkeiten und Beeinträchtigungen. Die Einstufung in einen bestimmten Pflegegrad erfolgt über ein Punktesystem wobei sich die Höhe der Punkte nach der noch vorhandenen Selbstständigkeit und den Fähigkeiten richtet. Eine Pflegebedürftigkeit liegt vor, wenn mindestens 12,5 Punkte des Gesamtpunktesystems erreicht werden.

Der Grad der Pflegebedürftigkeit wird dann wie folgt festgelegt:

  • 1. Grad: 12,5 bis unter 27 Punkte (geringe Beeinträchtigung der Selbstständigkeit)
  • 2. Grad: 27 bis 47,5 Punkte (erhebliche Beeinträchtigung der Selbstständigkeit)
  • 3. Grad: 47,5 bis unter 70 Punkte (schwere Beeinträchtigung der Selbstständigkeit)
  • 4. Grad: 70 bis unter 90 Punkte (schwerste Beeinträchtigung der Selbstständigkeit)
  • 5. Grad: 90 bis 100 Punkte (schwerste Beeinträchtigung der Selbstständigkeit mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung)

Die Pflegekasse leitet Personen, die bereits Leistungen der Pflegeversicherung beziehen, automatisch von ihrer Pflegestufe in den neuen Pflegegrad über. Versicherte mit körperlichen Einschränkungen werden in den nächsthöheren Pflegegrad eingestuft. Wobei Versicherte mit Beeinträchtigung der Alltagskompetenz in den übernächsten Pflegegrad übergeleitet werden. Für die Überleitung von den Pflegestufen in die entsprechenden Pflegegrade müssen sich Versicherte nicht neu begutachten lassen. Den Versicherten entstehen durch die automatische Einstufung in die Pflegegrade keinerlei Nachteile, da für sie ein so genannter Bestandsschutz gilt. Die meisten Versicherten erhalten dadurch ab 2017 deutlich mehr Leistungen.

Die einzelnen Leistungen ab Januar 2017 im Überblick:

  • PG1: Pflegebedürftige erhalten Pflegeberatung, Beratung in eigener Häuslichkeit, Versorgung mit Pflegehilfsmitteln, Zuschüsse zur Verbesserung des Wohnumfeldes, einen zweckgebundenen Entlastungsbeitrag von 125 Euro sowie bei vollstationärem Aufenthalt 125 Euro
  • PG2: Geldleistung ambulant 316 Euro, Sachleistung ambulant 689 Euro, ambulanten Entlastungsbeitrag 125 Euro, Leistungsbeitrag voll stationär 770 Euro
  • PG3: Geldleistung ambulant 545 Euro, Sachleistung ambulant 1298 Euro, Entlastungsbeitrag ambulant 125 Euro, Leistungsbeitrag voll stationär 1262 Euro
  • PG4: Geldleistung ambulant 728 Euro, Sachleistung ambulant 1612 Euro, Entlastungsbeitrag ambulant 125 Euro, Leistungsbeitrag voll stationär 1775 Euro
  • PG5: Geldleistung ambulant 901 Euro, Sachleistung ambulant 1995 Euro, Entlastungsbeitrag ambulant 125 Euro, Leistungsbeitrag voll stationär 2005 Euro

Die Einstufung bzw. Feststellung der Pflegebedürftigkeit bei Kindern erfolgt nach den gleichen Prinzip wie bei den Erwachsenen. Auch hier wird beurteilt welche Fähigkeiten in welchem Umfang vorhanden sind. Mit dem Unterschied, dass Kinder Fähigkeiten und ihre Selbstständigkeit schrittweise erlernen müssen wohingegen Erwachsene im Laufe des Lebens, durch Krankheit, diese Selbstständigkeit verlieren können. Bei Kindern werden ihre Fähigkeiten grundsätzlich mit den Fähigkeiten gesunder Kinder verglichen. Dies gilt für Kinder aller Altersgruppen. Eine Ausnahme gibt es für Kinder unter 18 Monaten. Diese werden pauschal einem höheren Pflegegrad zugeordnet, um eine Benachteiligung zu vermeiden. Ab dem 11. Lebensjahr gelten die gleichen pflegerelevanten Berrechnungsgrundlagen wie für einen Erwachsenen.

Desweiteren wird mit dem neuen Pflegestärkungsgesetz die Maßnahme Rehabilitation bzw. Prävention vor der Pflege gestärkt. Die Gutachter müssen Aussagen treffen, ob im häuslichen Umfeld präventive Maßnahmen erforderlich sind oder ein Bedarf an primärpräventiven Maßnahmen, wie Sturzprävention oder die Beseitigung von Fehl- und Mangelernährung besteht. Hierfür gelten die bundeseinheitlichen Begutachtungsstandards.

Auch der Stellenwert der Pflegeberatung steigt. Dadurch werden Pflegebedürftige und deren Angehörige besser unterstützt. Die Pflegekassen werden zukünftig innerhalb von 14 Tagen eine Pflegeberatung anbieten und einen festen Ansprechpartner vor Ort bestimmen.

Die Änderung wird großen Einfluss auf die Pflegetagegeldversicherungen haben, wir erwarten hier in den nächsten Wochen eine völlig neue Tarifwelt.

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