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Lebensversicherung kündigen?

Altersvorsorge

Lebensversicherungen bringen immer weniger Zinsen. Lohnt es sich, über eine Kündigung nachzudenken?

"Die Einführung von Solvency II zum 1. Januar 2016 setzt die Lebensversicherer im Hinblick auf eine stärkere Eigenmittelbildung zusätzlich unter Druck." So Reiner Will, Geschäftsführer der deutschen Ratingagentur Assekurata. Im Klartext bedeutet dies, dass die Lebensversicherer nun im Rahmen neuer Vorschriften weiteres Eigenkapital bilden müssen und immer weniger Zinsen werden zahlen können.

Schon Mitte Mai verdeutlichte Felix Hufeld, der neue Präsident der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) in Bonn, wie ernst die Lage für die Lebensversicherer ist: "Sollten die Zinsen weiter so niedrig bleiben, werde die Bafin auch mehr Unternehmen in die aufsichtliche Manndeckung nehmen müssen." Die Finanzaufsicht wird bei den Lebensversicherern jetzt also besonders genau hinsehen und rechnet damit, dass die Lebensversicherer sich nun erheblich anstrengen müssen, um die neuen Eigenkapitalanforderungen zu erfüllen.

Zwei weitere Herausforderungen, denen die Lebensversicherer gegenüber stehen, sind zum einen das extrem niedrige Zinsniveau der Kapitalmärkte, auf denen die Versicherer ständig fällige hochverzinsliche durch niedrigverzinsliche Wertpapiere ersetzen müssen, und zum anderen die Zinszusatzreserve, die die Versicherer für die Verpflichtungen gegenüber ihren Altkunden aufbauen muss.

Während die laufende Gesamtverzinsung 2010 noch 4,13 Prozent betrug, beträgt sie nach Angaben der Bafin in den Überschussbeteiligungen für 2015 im Branchendurchschnitt noch 3,06 Prozent. Bezogen auf die Beiträge der Sparer, sind die Zinssätze allerdings noch niedriger.

Auf der Basis eines Mustervertrages in der Rentenversicherung ermittelt die Assekurata eine durchschnittliche Beitragsrendite von lediglich 2,87 Prozent (untersucht wurden 64 Lebensversicherer auf Basis derselben Überschussbeteiligung). Diese Zahlen gelten jedoch für Rentenversicherungen. Bei kapitalbildenden Lebensversicherungen mit Todesfallschutz ziehen Experten noch einmal ein Fünftel der Rendite ab, sodass sich hier eine Verzinsung von nur noch rund 2,3 Prozent ergibt.

Die Tatsache, dass die Versicherer nun auch noch ihre Eigenmittel stärken und noch mehr Reserven für ihre Altkunden zurücklegen müssen, kostet die Versicherer Milliarden. Michael Thiemermann, Professor an der Fachhochschule der Wirtschaft und Geschäftsführer der Kivi GmbH, Kölner Institut für Versicherungsinformation und Wirtschaftsdienste, warnt, dass der Zinsrutsch noch weitergehen wird, wenn die Dotierung der Zinszusatzreserve nicht bald neu geregelt wird. Ende 2014 hatten alle Versicherungsgesellschaften die alten Anforderungen der sogenannten Solvabilitätsvorschriften erfüllt. Wer von den Versicherern sich nun besonders anstrengen muss, um die neuen Anforderungen an das Sicherheitskapital zu erfüllen, sagte Bafin-Präsident Hufeld nicht. Dabei sollte beachtet werden, dass die Steuerfreiheit der Zinserträge nur für Verträge gilt, die vor 2005 abgeschlossen wurden.

Nun stellt sich also die Frage, ob es auf dieser Rutschbahn für Zinsen noch Sinn macht, an bestehenden Verträgen festzuhalten, oder ob es ratsam ist, aus den Verträgen auszusteigen. Ein Blick auf den Garantiezins zeigt, dass dieser seit 2000 nur noch gefallen ist. Im Gegensatz zu Verträgen, die vor 2004 geschlossen wurden und über eine Zinsgarantie von mindestens 3,0 Prozent verfügen, liegt der Garantiezins von neueren Verträgen (beispielsweise seit 2012) bei unter zwei Prozent.

Besonders wichtig bei der Frage, ob überhaupt die Beiträge vollständig wieder reinkommen, ist die Vertragslaufzeit. Schlecht sieht es bei kurzer Vertragslaufzeit aus (unter 20 Jahren), noch schlechter, wenn der Vertrag als Kapitalversicherung mit Todesfallschutz ausgestattet ist. Hier empfiehlt es sich, einen Teil des Geldes abzuschreiben, die Police zurückzukaufen und die Raten in einen Ratensparvertrag zu stecken.

Aber es gibt auch heute noch Angebote mit bis zu 2,4 Prozent Zinsen bei einer Laufzeit von zehn Jahren (zum Beispiel laut Stiftung Warentest bei der Deniz Bank in Wien). Wird darüber hinaus noch ein Todesfallschutz gebraucht, empfiehlt der Finanztest einen Abschluss bei den leistungsstarken Risikoversicherern, wie der Cosmos Direkt, Europa, WGV, Credit Life oder der Hannoverschen.

Artikel eingestellt am in der Rubrik Kapital & Finanzen.

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