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Entscheidende Änderungen im Versicherungsvertragsgesetz

Entscheidende Änderungen im Versicherungsvertragsgesetz
Alte Leipziger

Zum 01.01.2008 ändert sich das Versicherungsvertragsgesetz (VVG). Für den Endverbraucher ergeben sich daraus entscheidende Vorteile. Hier lesen Sie die wichtigsten Änderungen zum neuen VVG.

Was ist überhaupt das Versicherungsvertragsgesetz?

Das Versicherungsvertragsgesetz ist die rechtliche Grundlage für den Vertrag zwischen dem Kunden und dem Versicherungsunternehmen. Es ist für alle Versicherungsgesellschaften bindend. Dieses Gesetz, das seit dem Jahre 1908 existiert und seitdem keine wesentlichen Änderungen erfahren hat, wurde nun erstmals vollständig überarbeitet. Erhöhter Verbraucherschutz und eine verbesserte Kundenposition zeichnen das neue VVG aus.

Die wichtigsten Änderungen zum neuen Versicherungsvertragsgesetz (VVG)

Änderungen, die bei Vertragsabschluss greifen

Beratungs- und Dokumentationspflicht
Bisher: keine Regelung
Neu: geregelt in §§ 6 und 7 VVG

Versicherungsgesellschaft und Versicherungsvermittler sind künftig vor Abschluss eines Vertrages verpflichtet, die Versicherungsnehmer in einem nach Versicherungsart und -prämie angemessenem Umfang zu beraten und zu informieren. Die Beratungsgespräche müssen dokumentiert werden. Bei einem Beratungsfehler entsteht eine Schadenersatzpflicht. In Ausnahmefällen räumt das neue Recht die Möglichkeit eines ausdrücklichen Verzichts des Versicherungsnehmers auf die Beratung ein. Neu ist außerdem, dass sich die Beratungspflicht über den Vertragsabschluss hinaus über die gesamte Vertragslaufzeit ausdehnt, sofern Beratungsbedarf ersichtlich wird.

Vorvertragliche Anzeigepflicht
Bisher: geregelt in §§ 16-18 und 41 VVG
Neu: geregelt in § 19 VVG

Die vorvertragliche Anzeigepflicht verpflichtet den Versicherungsnehmer bei Vertragsabschluss die Umstände anzugeben, nach denen die Versicherungsgesellschaft ausdrücklich in Textform gefragt hat. Der Versicherungsnehmer ist damit vom Risiko einer Fehleinschätzung, ob gewisse Umstände für das versicherte Risiko wichtig sind, befreit. Das Rücktrittsrecht des Versicherers beschränkt sich auf grob fahrlässige und vorsätzliche Anzeigepflichtverletzungen. Die Rechtsfolgen aus der Verletzung einer vorvertraglichen Anzeigepflicht verjähren nach spätestens 10 Jahren.

Widerrufsrecht
Bisher: geregelt in § 5a VVG
Neu: geregelt in §§ 8 und 9 VVG

Der Gesetzgeber räumt dem Versicherungsnehmer künftig ein Widerrufsrecht nach Vertragsabschluss ein. Dieses berechtigt den Kunden (privat wie auch gewerblich), sich ohne Angabe von Gründen von dem geschlossenen Versicherungsvertrag zu lösen. Die Widerrufsfrist beträgt zwei Wochen.

Änderungen, die während der Vertragslaufzeit greifen

Laufzeit von Versicherungsverträgen
Bisher: geregelt in § 8 VVG
Neu: geregelt in § 11 VVG

Grundsätzlich können beide Parteien frei entscheiden, für welchen Zeitraum sie einen Versicherungsvertrag abschließen wollen. Neu: Der Versicherungsnehmer ist bei einer Vertragslaufzeit von mehr als 3 Jahren berechtigt, den Versicherungsvertrag – unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 3 Monaten – zum Ablauf des dritten Jahres und eines jeden darauf folgenden Kalenderjahres zu kündigen.

Zahlung der Erstprämie
Bisher: geregelt in § 38 VVG
Neu: geregelt in § 37 VVG

Sofern der Versicherungsnehmer den Zahlungsverzug bei der Erst- oder Einmalprämie nicht zu verantworten hat, kann der Versicherer künftig nicht mehr zurücktreten. Ein Rücktritt vom Vertrag ist nur noch mit ausdrücklicher Erklärung möglich.

Abschaffung des Grundsatzes der Unteilbarkeit der Prämie
Bisher: geregelt in § 40 VVG
Neu: geregelt in § 39 VVG

Sollte der Versicherungsvertrag im Laufe des Versicherungsjahres vorzeitig gekündigt oder durch Rücktritt beendet werden, muss der Versicherungsnehmer die Prämie künftig nur noch bis zu diesem Zeitpunkt zahlen und nicht – wie bisher – die volle Jahresprämie.

Gefahrerhöhung
Bisher: geregelt in §§ 16-29 VVG
Neu: geregelt in §§ 23-27 VVG

Erhöht sich die Gefahr nach Abschluss des Versicherungsvertrages, muss dies dem Versicherungsunternehmen mitgeteilt werden. Ab sofort gilt: Bei einfacher Fahrlässigkeit muss die Versicherungsgesellschaft leisten. Grobe Fahrlässigkeit führt zu einer abgestuften Leistung abhängig vom Verschulden des Versicherungsnehmers. Lediglich der nachweislich grobe Vorsatz führt dazu, dass der Versicherungsschutz komplett verloren geht. Damit wird das bisherige „Alles oder Nichts-Prinzip“ aufgehoben.

Wegfall des „Alles oder Nichts-Prinzips“ im Versicherungsfall
Bisher: geregelt in § 6 VVG
Neu: geregelt in § 28 VVG

Bisher konnte ein Versicherungsnehmer, wenn er sich grob fahrlässig verhielt (z.B. bewusst Sicherheitsvorschriften ignoriert) den Versicherungsschutz vollständig verlieren. Zukünftig wird der Grad des Verschuldens nach einem abgestuften Modell geregelt. Bei leichter Fahrlässigkeit wird die volle Versicherungsleistung und bei grober Fahrlässigkeit prozentual ausgezahlt. Bei nachweislichem Vorsatz entfällt nach wie vor der komplette Versicherungsschutz.

Grobe Fahrlässigkeit im Versicherungsfall
Bisher: geregelt in § 61 VVG
Neu: geregelt in § 81 VVG

Künftig führt ein grob fahrlässig herbeigeführter Versicherungsfall nicht mehr in jedem Fall zum Verlust des Versicherungsschutzes, sondern zu einer prozentualen Kürzung der Leistung je nach Verschuldungsgrad. Wenn nur leichte Fahrlässigkeit vorliegt, muss die Versicherungsgesellschaft in vollem Umfang leisten.

Verjährung und Ausschlussfrist
Bisher: geregelt in § 12 VVG
Neu: geregelt in § 15 VVG

Die Verjährungsfrist für Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag wurde der allgemeinen Verjährungsfrist im Zivilrecht angeglichen (3 Jahre). Die bisherige Klageausschlussfrist von sechs Monaten wurde abgeschafft.

Quelle: Alte Leipziger Versicherung AG


Artikel eingestellt am in der Rubrik Gesetze & Paragraphen.

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