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Psychische Erkrankungen nehmen zu

Psychische Erkrankungen nehmen zu

Der Gesundheitsatlas 2015 zeigt auf, dass wegen psychischer Probleme oder seelischen Leidens doppelt so viele Krankmeldungen anfallen, wie noch im Jahr 2003. Mit einem "Blickpunkt Psyche" beschäftigte sich die aktuelle Ausgabe des Atlasses mit dem psychischen Leid der Deutschen. Woran liegt der Anstieg an Krankmeldungen aufgrund der seelischen Gebrechen? Sind die Deutschen heute stärker belastet als noch vor gut zehn Jahren?

Immer häufiger als früher bekennen sich Menschen dazu, trotz rein körperlicher Gesundheit nicht arbeitsfähig zu sein und holen sich deshalb Rat und Krankschreibungen bei ihrem Arzt. Mittlerweile gehen 15 Prozent der Krankentage mit Attest auf ein psychisches Leiden zurück. Gegenüber dem Jahr 2003 bedeutet das eine Verdopplung der Krankmeldungen mit einem Befund auf psychischer Ebene. Für die Studie des Gesundheitsatlas 2015 bezüglich der Psyche wurden die Daten von 4,3 Millionen Arbeitgebern untersucht und ausgewertet.

Da seelische Leiden im Gegensatz zu vielen körperliche Gebrechen häufig sehr lange brauchen, um zu genesen, handelt es sich bei den entsprechenden Krankschreibungen um lange Strecken. Im Schnitt empfiehlt der behandelnde Arzt eine 40-tägige Auszeit von Beruf und Alltagsstress. Zu den Diagnosen zählen unter anderem Depressionen, Angsterkrankungen oder Burn Out. Dass diese Krankheiten heute wesentlich häufiger diagnostiziert werden, liegt allerdings nicht etwa daran, dass die Deutschen eine immer instabilere Psyche plagt. Vielmehr hat sich in der Gesellschaft ein Wandel vollzogen. Noch vor gut zehn Jahren trauten sich Geplagte kaum, vor ihrem Arzt den wahren Grund für ihre Erkrankung darzulegen. Psychisch krank zu sein und dies offen zuzugeben schien häufig nicht möglich, stattdessen verwiesen Patienten auf unspezifische körperliche Gebrechen. "Noch vor zehn, 15 Jahren wurden Patienten mit Symptomen, die auf ein psychisches Leiden hindeuten, viel häufiger unspezifische körperliche Beschwerden attestiert", erläutert Franz Knieps, Vorstand des BKK Dachverbands. Auch Diagnosen der Ärzte zielten in manchen Fällen vorschnell auf eine einfachere Diagnose, als auf eine psychische Erkrankung. Aber das hat sich geändert. Die Menschen stehen heute eher zu ihrem psychischen Leiden und gehen wesentlich offensiver damit um. So betrachtet lässt sich also nicht von einer Steigerung von an der Psyche erkrankten Menschen sprechen, sondern eher von einer Anpassung der Diagnosen an die Zahlen der Betroffenen. Einige Forscher glauben sogar, dass heutzutage beispielsweise Depressionen sogar etwas vorschnell festgestellt würden. Prof. Frank Jacobi von der Psychologischen Hochschule Berlin etwas befürchtet eine solche "Überdiagnostizierung". Die Zunahme von Krankschreibungen aufgrund psychischer Probleme könnte "auch dazu führen, dass sich Menschen zu schnell als behandlungsbedürftig erleben und auch bei normalen, vorübergehenden psychischen Belastungen das Hilfesystem aufsuchen", warnt Jacobi. Er glaubt, dass viele Sorgen auch ohne die Behandlung eines Therapeuten aus der Welt geschaffen werden könnten. Dennoch: Dass die Menschen zu ihren Problemen stehen und eine psychische Erkrankung kein Stigma mehr sein muss ist zunächst eine positive Entwicklung.

Interessant an der Studie des Gesundheitsatlasses: In den Bundesländern, die als solche mit besonders hoher Lebensqualität bewertet werden, wie zum Beispiel Bayern, werden Depressionen häufiger diagnostiziert als im Norden oder Osten. Auch in Großstädten liegt der Wert der Diagnosen auf eine psychische Erkrankung höher als auf dem Land. Dies könnte an der höheren Ärztedichte in Städten liegen – wenn viele Ärzte vorhanden sind, die auf psychisches Leiden spezialisiert sind, wird eine solche Diagnose auch häufiger gestellt.

Artikel eingestellt am in der Rubrik Gesetzliche Versicherungen.

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