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Wahltarife in der gesetzlichen Krankenkasse – ein Erfolg?

Wahltarife in der gesetzlichen Krankenkasse – ein Erfolg?
Seit der Gesetzesreform im Jahre 2007 dürfen gesetzliche Kassen ihren Versicherten Wahltarife mit Selbstbehalt, Kostenerstattung und Beitragsprämien anbieten. Die Resonanz der Versicherten ist jedoch verhalten, sodass die ersten Kassen die Tarife wieder einstellen.

Als Konkurrenz zur PKV wurde er gehandelt – der Wahltarif!

Nunmehr weiß die Branche, dass sich nur knapp ein Prozent der gesetzlich Krankenversicherten bislang für einen so genannten „Wahltarif“ entschieden haben. Seit der Einführung der Wahltarife haben somit nur rund 550.000 der etwa 70 Millionen gesetzlich Versicherten einen oder mehrere Wahltarife bei ihrer Krankenkasse abgeschlossen.

Problem hierbei ist, dass sich die Wahltarife nach den gesetzlichen Bestimmungen finanziell selbst tragen müssen. Nach dem eher geringen Interesse der Versicherten könnte dies zum Problem werden.

Nun hat die erste große Krankenkasse die Techniker Krankenkasse (TK) die Reißleine für einen Wahltarif mit Kostenerstattung gezogen und stellt ihren ambulanten Wahltarif „TK Privat“ zum Jahresende ein, wobei hiervon rund 7.000 Versicherte betroffen sind.

Ende September 2007 war die Kasse noch mit dem Slogan „Bei der TK versichert, wie ein Privatpatient behandelt“ angetreten. Tariflich geregelt war unter anderem, dass TK-Versicherte im „TK Privat“ nahezu als Privatpatient auftreten konnten und die Kosten bei ärztlichen Behandlungen bis zum 3,5 fachen Satz erstattet wurden.

Inwieweit die nunmehr angekündigte Einstellung des Wahltarifs einen Imageschaden für die Kasse bedeutet, bleibt abzuwarten. Klar scheint allerdings, dass für die Betroffenen nicht nur die Rückkehr zum Status des Kassenpatienten, sondern auch höhere Kosten beim Abschluss einer privaten Alternative die Folge ist.

Dies bringt wiederum finanzielle Probleme mit sich, da das höhere Einstiegsalter sowie möglicherweise seit Abschluss des Wahltarifs hinzugekommene Erkrankungen die Prämien für eine private Ergänzungsversicherung steigen lassen.

Glaubt man den Stimmen aus der privaten Krankenversicherung (PKV) handelt es sich vor allem um Konstruktionsfehler der Wahltarife. Diese seien anders als in der privaten Krankenversicherung nicht risikogerecht kalkuliert worden und deshalb strukturell unterfinanziert. Darüber hinaus funktioniere ein Sozialausgleich zwischen Gesunden und Kranken in kleinen Gruppen nicht. Hier könnten wenige Schwerkranke, die regelmäßig zum Arzt müssen, die Kosten aus dem Ruder laufen lassen.

Im Detail entfallen nach den aktuellen Daten des BMG die meisten der insgesamt rund 550.000 Abschlüsse bei gesetzlichen Kassen auf Wahltarife mit Selbstbehalt (ca. 390.000). Gefolgt werden sie von Tarifen mit Kostenerstattung (ca. 280.000) und Beitragsrückerstattung (ca. 151.000).

Gründe für die geringe Attraktivität der gesetzlichen Wahltarife sind deutlich erkennbar. So gelte neben der Drei-Jahres-Bindung an die Kasse auch der Verzicht auf das Sonderkündigungsrecht bei (Zusatz-)Beitragserhöhungen sowie eine in der Vergangenheit eher wechselhafte Gesundheitspolitik als nicht akzeptabel.

Auch in den eigenen Reihen sind die Wahltarife nicht unumstritten.

Die Deutsche Angestellten Krankenkasse (DAK) hält sie sogar für eine „ordnungspolitisch fragwürdige Konstruktion im solidarischen System“, wobei sie allerdings selbst solche Tarife anbietet.

Für Stefan Etgeton vom Verbraucherzentrale Bundesverband ist die Situation klar einschätzbar. Er sieht in den geringen Abschlusszahlen den Beweis dafür, dass Wahltarife "nicht der Mentalität der gesetzlich Versicherten entsprechen", wobei diese, für Kassen wie die TK, die einen hohen Anteil an potenziellen PKV-Wechslern versichern, diese jedoch zur Kundenbindung sehr wichtig seien.

Inwieweit die privaten Krankenkassen aus dieser Entwicklung Profit schlagen können, bleibt abzuwarten.

Artikel eingestellt am in der Rubrik Krankenzusatzversicherung.

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