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Sollte man Verbraucherschützern blind vertrauen?

Sollte man Verbraucherschützern blind vertrauen?

Viele Menschen ziehen die Meinung von Verbraucherschützern, Verbraucherschutzverbänden oder deren Medien zu Rate wenn es darum geht, sich für geeigneten Versicherungsschutz zu entscheiden. Verbraucherschützer sind vermeintlich neutral und vertreten keinerlei Interessen von Wirtschaftsunternehmen - in diesem Fall Versicherungen - deren vorwiegendes Interesse es ja bekanntlich ist Kunden zu gewinnen.

Was allerdings dabei gerne in Vergessenheit gerät ist, dass Verbraucherschützer, die oftmals in Vertretung für ihren Verband sprechen oder schreiben, eine eigene Sicht auf Dinge haben oder eine eigene Meinung vertreten. Wenn es um Versicherungsschutz geht, ist nämlich nicht alles nur Schwarz oder Weiß. Oft entscheiden z.B. individuelle Umstände von Verbrauchern über Sinn oder Unsinn einer bestimmten Versicherung. Ist es unter diesen Umständen überhaupt sinnvoll sich voll und ganz auf den Rat von solchen Verbänden und deren Vertretern zu verlassen?

Ein Beispiel aus jüngster Vergangenheit

Für viele Verbraucher ist die Berufsunfähigkeitsversicherung ein wichtiges Fundament der privaten Absicherung. Aufgrund bereits bestehender Gesundheitseinschränkungen kann aber nicht jeder die optimale Absicherung durch eine solche Versicherung erhalten. Oftmals kann gar keine Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) mehr abgeschlossen werden. Daher wird allgemein empfohlen, möglichst schon in jungen Jahren und bei gutem Gesundheitszustand eine BU abzuschließen.

Jüngst riet ein Rechtsanwalt, der für die Verbraucherzentrale in Schleswig-Holstein arbeitet, jungen Leuten von frühen BU-Abschlüssen ab. Michael Herte ist leitender Referent für Finanzdienstleistungen. Er riet in einem Artikel in den Kieler Nachrichten Auszubildenden und Studenten vom verfrühten Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung ab. Der Anwalt argumentierte, dass eine Berufsunfähigkeitsversicherung berufsbezogen abgeschlossen wird. Doch bei Auszubildenden und Studenten sei nicht klar, ob sie diesen Beruf tatsächlich ausüben.

"Falsch" sagen die Experten

War das ein falscher Ratschlag? Gegen Hertes Haltung wenden sich mehrere Versicherungsmakler. Diese werfen dem Verbraucherschützer Unwissenheit vor. Der Rat, auf eine BU zu verzichten, solange jemand in der Ausbildung ist, sei falsch. Es sei egal, in welchem Beruf jemand nach seiner Ausbildung tätig sei. Laut Versicherungsvertragsgesetz gelte immer die Tätigkeit im zuletzt ausgeübten Beruf als versichert, sofern diese ohne gesundheitliche Einschränkungen ausgeübt wurde.

Eine falsche Beratung bezüglich des Abschlusses einer Berufsunfähigkeitsversicherung könne für die Betroffenen teuer werden. Immerhin könne sich die Gesundheit während des Studiums oder der Ausbildung verschlechtern - und damit auch die Bedingungen, unter denen eine BU abgeschlossen werden kann. Das bedeutet gegebenenfalls vermeidbare Risikozuschläge, ausgeschlossene Versicherungsleistungen oder gar die Unmöglichkeit, eine Berufsunfähigkeitsversicherung abzuschließen.

Die Risiken für solche Vorkommnisse solle niemand kleinreden. Erfahrene Versicherungsmakler sagen, dass nur jeder Fünfte nach seinem 20. Lebensjahr eine BU abschließen kann, die ohne Einschränkungen bzw. Ausschlussklauseln bleibt. Außerdem seien die Prämien beim frühzeitigen Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung deutlich günstiger. Das spreche dafür, schon während des Studiums eine BU abzuschließen.

Zwei Positionen. Welche ist richtig?

Verbraucherschützer Herte lenkte nach der öffentlichen Kritik ein - aber nur bedingt. Aus seiner Sicht ist die Gruppe derer, die in der Ausbildung ohne bekannte Vorerkrankungen berufsunfähig werden, sehr gering. Er vertritt weiterhin die Ansicht, dass für Studenten oder Auszubildende eine BU kein Muss ist. Mittlerweile wird das Thema von mehreren Versicherungsmaklern bei Facebook heiß diskutiert. Es erhebt sich die Frage, wer tatsächlich die Verbraucherinteressen schützt.

Verteufelung der Unfallversicherung

In diesem Zusammenhang ist auch die Meinung der meisten Verbraucherzentralen zum Thema Unfallversicherung relevant. Die Verbraucherverbände bezeichnen diese Versicherungssparte in ihren Medien oftmals als unsinnig für den Verbraucher und als Geldesel für die Versicherer und raten stattdessen zum Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung. Die Verbände vergessen aber dabei den Umstand, dass viele Verbraucher, wie schon erwähnt, aus gesundheitlichen Gründen gar keine Möglichkeit haben eine Berufsunfähigkeitsversicherung abzuschließen. Für solche Menschen kann die ohne Gesundheitsprüfung abschließbare Unfallversicherung zumindest eine Alternative sein; wenn auch, im Vergleich zur Berufsunfähigkeitsversicherung, eine unbefriedigende. Auch die Umstände, dass im Falle einer durch Unfall eintretenden Berufsunfähigkeit oft hohe Einmalkosten anfallen, die durch eine monatliche Berufsunfähigkeitsrente natürlich nicht gedeckt sind, werden hier geflissentlich ignoriert. Mit wenigen Euro könnten die Verbraucher diese Lücke schließen, indem sie flankierend zu ihrer BU eine kleine Unfallversicherung abschließen!

Es ist klar erkennbar, dass die Verbraucherschützer mit dieser Einstellung zu sehr in Schwarz oder Weiß denken und zu wenig die individuellen (Lebens-) Umstände betrachten.

Ein Fazit

Es ist gut, dass es Verbraucherverbände gibt und auch, dass Versicherungen immer wieder auf den Prüfstand gestellt und getestet werden. Es ist auch gut, dass sich die Verbraucher an diesen Tests, Fakten und Meinungen orientieren können. Es ist aber ebenso sinnvoll, sich nicht sofort gänzlich auf den Rat der vermeintlichen Experten zu verlassen sondern sich auch andere Meinungen anzuhören also eventuell einen ausgebildeten Versicherungsfachmann mit zu Rate zu ziehen. Nur so ist der Verbraucher letztlich in der Lage sich ein objektives Bild zu machen und selbst zu entscheiden welche der gehörten und gelesenen Fakten und Meinungen am besten seiner individuellen Situation gerecht werden.

Artikel eingestellt am in der Rubrik Versicherung allgemein.

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