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Pflegebedürftigkeit neu definieren?

Pflegetagegeldversicherung

Dass die Pflegebranche einer Reform bedarf, ist mittlerweile unumstritten. Dass die Politik während der Koalitionsgespräche schon heiß diskutiert hat über Neuerungen und Möglichkeiten ist nach der ausführlichen Berichterstattung der letzten Wochen ebenfalls bekannt. Nun aber sind Experten der Meinung, dass eine Reform nur möglich ist, wenn der Begriff der "Pflegebedürftigkeit" zunächst neu definiert, neu verstanden wird.

Die bisherige Definition aus dem SGB XI stand schon seit ihrer Einführung immer wieder in der Kritik. Nach dieser rechtlich gültigen Definition ist pflegebedürftig, wer wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung (…) in erheblichem oder höherem Maße der Hilfe bedürfen. Die Dauer der Hilfen ist entscheidend dafür, da nach ihr die Pflegestufen 0-III bewilligt werden. Je nach Pflegestufe liegt eine genaue Zeiteinteilung vor, so muss für die Pflegestufe I eine tägliche Grundpflege von mindestens 45 Minuten für die körperliche Pflege und 45 Minuten für Hauswirtschaft entfallen. Es gibt auch Richtlinien, die im Einzelnen bestimmen, wie viel Zeit für beispielsweise das Zähneputzen oder Kämmen zur Verfügung steht. Die Pflege wird also genau getaktet, ob die Würde des Menschen bei einer solchen Behandlung gewahrt werden kann, ist durchaus diskutabel. Die Definition der "Pflegebedürftigkeit" hat Mängel und umschreibt die reale Situation der Pflegebedürftigen nur unzureichend.

Natürlich weiß die Politik um diese Missstände und wollte schon in der vorletzten Legislaturperiode an einer Überarbeitung des Wortungetüms und dessen Definition weiterkommen, doch erst im März 2012 wurde von Daniel Bahr, zuständiger Gesundheitsminister, eine Kommission einberufen, die sich des Problems konkret anzunehmen gedachte. So wird angedacht, eine weitere Pflegestufe einzubauen, um den Grad der Selbstständigkeit der Betroffenen besser berücksichtigen zu können. Es soll also nicht mehr anhand des Zeitaufwands der personellen Hilfe berechnet werden, wie viel Pflege der Bedürftige benötigt, sondern es soll umgekehrt sein. Die neue Berechnung soll aus Sicht des Pflegebedürftigen erfolgen, um so ein wenig mehr Würde in den Prozess der Bemessung zu bringen. Die Zeitmessungen in der Einstufung sollen dann auch komplett gestrichen werden. Der Grad der Selbstständigkeit der Betroffenen soll anhand verschiedener Kategorien ermittelt werden, dabei werden kognitive und kommunikative Fähigkeiten getestet. Durch diese Methode können auch Hilfe- und Betreuungsbedarf für Menschen mit kognitiven oder psychischen Einschränkungen berücksichtigt und entsprechend unterstützt werden.

Wie genau all diese Vorschläge rund um die Reform dann tatsächlich realisiert werden können, muss die neue Regierung nun erproben. Doch auch mit einer Reform sollte man sich bewusst sein, dass die gesetzlichen Vorsorgen nur einen Teil der späteren Kosten abdecken können. Wer kann, sollte auch private Vorsorgen treffen.

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