2. Ob bei bereits bei Vertragsabschluss vereinbarten
Beitragsanpassungen in vollem Umfange ein Altvertrag vorliegt, hängt davon
ab, ob die vereinbarten Beitragsanpassungen als rechtsmissbräuchlich einzustufen
sind (vgl. Rdnr. 38 des BMF-Schreibens vom 22. August 2002, a.a.O). Ein Missbrauch
rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten liegt insbesondere dann nicht vor,
wenn die Beitragserhöhung pro Jahr 20 v.H. des bisherigen Beitrags nicht
übersteigt. Dabei ist es unbeachtlich, ob die Beitragserhöhung durch
Anwendung eines Vomhundertsatzes oder eines vergleichbaren Dynamisierungsfaktors,
bezifferter
Mehrbeträge oder durch im Voraus festgelegte feste Beiträge ausgedrückt
wird. Im Falle einer Beitragserhöhung pro Jahr um mehr als 20 vom Hundert
des bisherigen Beitrags, handelt es sich nicht um einen Missbrauch steuerlicher
Gestaltungsmöglichkeiten,
a) wenn die jährliche Beitragserhöhung nicht mehr als 250 € beträgt
oder
b) wenn der Jahresbeitrag bis zum fünften Jahr der Vertragslaufzeit auf
nicht mehr als 4.800 € angehoben wird und der im ersten Jahr der Vertragslaufzeit
zu zahlende Versicherungsbeitrag mindestens 10 v.H. dieses Betrages ausmacht
oder
c) wenn der erhöhte Beitrag nicht höher ist, als der Beitrag, der
sich bei einer jährlichen Beitragserhöhung um 20 v.H. seit Vertragsabschluss
ergeben hätte. Ist die Erhöhung der Beitragsleistung als missbräuchlich
einzustufen, sind die insgesamt
auf die Beitragserhöhung entfallenden Vertragsbestandteile steuerlich als
gesonderter „neuer Vertrag“ zu behandeln. Der „neue Vertrag“
gilt in dem Zeitpunkt als abgeschlossen, zu dem der auf den Erhöhungsbetrag
entfallende Versicherungsbeginn erfolgt.
3. Für das Vorliegen einer kapitalbildenden
Lebensversicherung
i. S. des § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG n. F. ist abweichend vom bisherigen Recht
weder ein Mindesttodesfallschutz noch eine laufende Beitragsleistung für
mindestens fünf Jahre ab dem Zeitpunkt des Vertragsabschlusses erforderlich
(vgl. zum alten Recht BMF-Schreiben vom 22. August 2002, a.a.O., Rdnr. 12 und
23ff.), sofern es sich um eine Lebensversicherung im Sinne des Versicherungsaufsichtsrechts
handelt. Bei Verträgen, bei denen es sich nicht um eine Lebensversicherung
im Sinne des Versicherungsaufsichtsrechts handelt, richtet sich die Besteuerung
des Kapitalertrags nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 i.V. mit § 20 Abs. 2 Satz
1 Nr. 4 Buchstabe c und Satz 4 EStG.
4. Sind bei der kapitalbildenden Lebensversicherung neben dem Todesfallrisiko noch zusätzlich andere Risiken (z. B. Invalidität oder Erwerbsunfähigkeit) abgesichert worden, sind bei der Ermittlung des Unterschiedsbetrags nicht die gesamten Beiträge von der Versicherungsleistung oder dem Rückkaufspreis abzuziehen. Vielmehr sind die Beitragsanteile außer Betracht zu lassen, die das Versicherungsunternehmen diesen Risiken aufgrund individueller oder pauschaler Kalkulation zugeordnet hat. Bei der Unfallversicherung mit garantierter Beitragsrückzahlung zählt das Unfallrisiko wie das Seite 3 Todesfallrisiko der kapitalbildenden Lebensversicherung nicht zu den zusätzlichen Risiken, deren Beitragsbestandteile außer Betracht zu lassen sind.
5. § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 2 EStG knüpft an den nur in § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG a.F. enthaltenen Satz 4 dieser Vorschrift an. Er ist deshalb nur in den Fällen der Absicherung von Darlehen durch Ansprüche aus Versicherungsverträgen anzuwenden, auf die ganz oder teilweise noch § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG a. F. anzuwenden ist.
6. Für Verträge, die vor dem 1. Januar 2005 abgeschlossen wurden, gilt hinsichtlich des Sonderausgabenabzugs weiterhin das BMF-Schreiben vom 22. August 2002 (BStBl I S. 827) mit der Maßgabe, dass vor dem 1. Januar 2005 die Versicherungslaufzeit begonnen hat und ein Versicherungsbeitrag geleistet wurde.
Artikel eingestellt am 15.12.2004 in der Rubrik Kapital & Finanzen.
Autor: Gerhard Jager.
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