"Mit diesen Neuregelungen sollen selbstständige Unternehmer besser als bisher abgesichert werden ", sagte Bundesjustizministerin Brigitte Zypries. "Der Pfändungsschutz für Lebensversicherungen, die einen wesentlichen Bestandteil der Altersvorsorge bilden, wird damit deutlich verbessert. Versicherungen von Selbstständigen werden genauso geschützt wie etwa die Rente oder Pensionen bei abhängig Beschäftigten. Die Änderungen der Insolvenzordnung verfolgen das Ziel, die finanzielle Stabilität der sozialen Sicherungssysteme langfristig zu erhalten.“
I. Absicherung der Altersvorsorge Selbstständiger
1. Ausgangslage
Im Vergleich zu Arbeitseinkommen genießen die Einkünfte Selbstständiger
bislang keinen Pfändungsschutz. Sie unterfallen, selbst wenn sie ausschließlich
der Alterssicherung dienen, der Einzel- oder Gesamtvollstreckung. Diesem Risiko
ist der Empfänger von Leistungen aus einer gesetzlichen oder betrieblichen
Rentenversicherung nicht ausgesetzt. Ihm verbleiben die Rentenansprüche
aus der Rentenversicherung, die nur wie Arbeitseinkommen gepfändet werden
können. „Diese Ungleichbehandlung ist nicht gerechtfertigt. Auch
das der Alterssicherung dienende Vermögen und die der Alterssicherung dienenden
Einkünfte Selbstständiger sind vor dem Vollstreckungszugriff der Gläubiger
zu schützen, um
* das Existenzminimum des Selbstständigen im Alter zu sichern,
* den Staat von Sozialleistungen zu entlasten,
* bessere Rahmenbedingungen für Existenzgründungen zu schaffen und eine Kultur der Selbstständigkeit zu fördern“,
betonte Zypries.
2. Geschützte Kapitalanlagen
Ideal wäre es – gerade auch unter dem Gesichtspunkt der Wettbewerbsneutralität
– alle Anlageformen gleichermaßen zu schützen. Da ein solch
umfassender Ansatz zahlreiche noch zu prüfende Fragen aufwirft, sollen
in einem ersten Schritt die am weitesten verbreitete Form der Alterssicherung
Selbstständiger, die Lebensversicherung und die private Rentenversicherung,
gegen einen schrankenlosen Vollstreckungszugriff abgesichert werden.
a) Schutzumfang
Soll der Pfändungsschutz dem eines Arbeitnehmers angenähert sein,
so muss dem Versicherungsnehmer im Versorgungsfall aus dem im Rahmen der Versicherung
angesparten Kapital in etwa die gleiche Rente zufließen wie dem Bezieher
einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Dies setzt einen zweifachen
Pfändungsschutz voraus.
aa) Zum einen sind die nach Eintritt des Versicherungsfalles von dem Versicherungsgeber zu zahlenden Renten in gleicher Weise zu schützen wie Renten aus einer gesetzlichen Rentenversicherung.
bb) Zum anderen muss der Versicherungsnehmer, um eine Rente zu erhalten, anders als im Umlageverfahren der gesetzlichen Rentenversicherung, das Vorsorgekapital ansparen, aus dem die Rentenleistungen zur Verfügung gestellt werden. Um überhaupt in den Genuss von Rentenzahlungen zu kommen, ist daher auch das angesparte Vorsorgevermögen zu schützen.
b) Verhinderung von Missbrauch
Um zu verhindern, dass Vermögenswerte missbräuchlich dem Zugriff der
Gläubiger entzogen werden, ist der Pfändungsschutz auf solches Vorsorgekapital
zu beschränken, das von dem Berechtigten unwiderruflich in seine Altersvorsorge
eingezahlt wurde.
Weiter muss gewährleistet sein, dass die Leistungen aus dem angesparten Kapital erst mit dem Eintritt des Rentenfalls oder bei Eintritt der Berufsunfähigkeit ausschließlich als lebenslange Rente erbracht werden.
Darüber hinaus hat der Versicherungsnehmer unwiderruflich darauf zu verzichten, über seine Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag zu verfügen. Außer für den Todesfall darf kein Kapitalwahlrecht vereinbart sein.
c) Progressive Ausgestaltung des Vorsorgekapitals
Die Höhe des pfändungsgeschützten Vorsorgekapitals ist abhängig
vom Lebensalter progressiv ausgestaltet. Mit zunehmenden Alter erhöht sich
nicht nur der absolute Betrag, der unpfändbar ist. Es erhöhen sich
auch die Annuitäten, die pfändungssicher akkumuliert werden können.
Das angesparte Kapital wird in einem Umfang abgesichert, dass im Falle einer
regelmäßigen Beitragszahlung mit Vollendung des 65. Lebensjahres
eine Rente erwirtschaftet werden kann, deren Höhe in etwa der Pfändungsfreigrenze
für Arbeitseinkommen (§ 850 c ZPO) entspricht. Die Staffelbeträge,
die jährlich unpfändbar angelegt werden können, reichen von 2000
Euro bei einem 18jährigen bis zu 7000 Euro bei einem über 60jährigen.
Grund für die Staffelung ist, dass lebensjüngeren Menschen mehr Zeit
verbleibt, um ihre Altersvorsorge aufzubauen.
In den Pfändungsschutz werden auch die Renten aus steuerlich geförderten Altersvorsorgevermögen einbezogen.
II. Beschränkung der Insolvenzanfechtung
Mit dem Gesetzentwurf soll auch die Insolvenzanfechtung insbesondere gegenüber
den Sozialversicherungsträgern eingeschränkt werden. Die Insolvenzanfechtung
wurde durch die neuere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für den Insolvenzverwalter
deutlich erleichtert. Hierdurch sind insbesondere die öffentlich-rechtlichen
Gläubiger benachteiligt. Um einerseits dem Interesse der öffentlich-rechtlichen
Gläubiger Rechnung zu tragen, andererseits nicht den Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung
zu verletzen, wird u.a. die Anfechtung wegen vorsätzlicher Benachteiligung
mit einer allgemeinen Regelung auf Fälle unlauteren Verhaltens beschränkt.
Artikel eingestellt am 18.08.2005 in der Rubrik Ihr gutes Recht.
Autor: Gerhard Jager.
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