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Gesetzliche Pflegeversicherung: Größter Fehler der Nachkriegsgeschichte?

Pflegetagegeldversicherung

Die Pflegeversicherung hat in Deutschland seit ihrer Einführung ständig für Diskussionen gesorgt. Auch aktuell stehen die geplanten Reformen der Regierung in der Kritik. Nun hat der Finanzwissenschaftler Bernd Raffelhüschen in einem Interview seine Meinung zu dem Thema Pflegeversicherung kund getan. Er bezeichnete sie als "groß angelegtes Erbschaftsbewahrungsprogramm für den deutschen Mittelstand". Die Einführung der gesetzlichen Pflegevorsorge 1994/95 sei angesichts der Alterung der Gesellschaft der größte Fehler in der Nachkriegsgeschichte gewesen, so Raffelhüschen.

Das deutsche Sozialversicherungskonzept ist eines der ausgeprägtesten der Welt. Und kostet den Staat beziehungsweise Steuerzahler von Jahr zu Jahr mehr Geld. Im Jahr 2013 betrugen die Ausgaben für Rente, Gesundheit und Pflege rund 520 Milliarden Euro. Und die Ausgaben steigen stetig. Den Finanzwissenschaftler Raffelhüschen führt das zu dem Schluss, dass der Staat auf manche Teile des Sozialversicherungssystems komplett hätte verzichten sollen. Er bezeichnete die gesetzliche Pflegeversicherung kürzlich in einem Interview als "größten Fehler der Nachkriegsgeschichte". Schließlich sorge die Alterung der Gesellschaft dafür, dass immer weniger Menschen in die Sozialkassen einzahlen - aber die Zahl der Anspruchsberechtigten steigt. Raffelhüschen wirft dem deutschen Staat vor, dass die Einführung der Pflegeversicherung die Einführung eines Generationenvertrags gewesen sei – allerdings in dem bewussten Wissen, dass es keine Generationen mehr geben werde, die ihn erfüllen könnten.

Außerdem bewertet Raffelhüschen die gesetzliche Pflegeversicherung als "sozial ungerecht". "Die Armen haben dasselbe wie vorher, die haben nichts dadurch gewonnen, und die Reichen, na, die wurden bereichert. Die Pflegeversicherung ist nichts anderes als so eine Art groß angelegtes Erbschaftsbewahrungsprogramm für den deutschen Mittelstand gewesen."

Statt Gelder zu verschwenden hält Raffelhüschen es für wichtig, Familien mit Kindern finanziell stärker zu unterstützen, als es bisher der Fall ist. Denn Familien mit Kindern seien diejenigen, die die Gesellschaft später tragen müssten. Tatsächlich könne eine Förderung der Familien nicht den demografischen Wandel abfangen und das Altern der Gesellschaft verhindern. "Wir können das Problem der Überalterung unserer Gesellschaft nicht demografisch wieder in den Griff bekommen. Wenn man 40 Jahre lang quasi eine Geburtenrate gehabt hat, die dem Jahr 1945 geglichen hat, dann kann man das nicht ohne weiteres korrigieren." Als Lösung fordert der Wissenschaftler eine Anhebung des Renteneintritts auf 69 Jahre.

Die Aussagen Raffelhüschens finden viele Kritiker, seine Ansätze gelten als umstritten. Dass es aber in Deutschland künftig eng werden könnte mit der Finanzierung des derzeit bestehenden Sozialsystems, das die Gesellschaft immer älter wird und immer weniger Menschen in das System einzahlen können, ist jedoch nicht von der Hand zu weisen.

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